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Stein-Architektur > Tempel (Einführung)

Tempelbauten

Die ägyptischen Tempel waren zur Erhaltung und Entfaltung
der göttlichen Kraft gedacht.

Die größten und mitunter auch beeindruckendsten Hinterlassenschaften, die das Volk am Nil einst erschuf – nebst den Pyramiden – sind die einzigartigen Tempel. Es gab die sogenannten Gottestempel und die Totentempel neben den Provinztempeln und Sonnentempeln (je nach Epoche) und kleinere Tempelanlagen (z.B. Kioske (Römische Zeit), Kapellen, u.a.), von denen heute mehr oder minder Tempelkomplexe oder lediglich Ruinen erhalten geblieben sind.

Abb: Hieroglyphen-Schreibweise für "Gotteshaus", Tempel
Altägyptisch: hut-netscher


In der einzigartigen Geschichte des alten Ägypten, wurden unzählige (religiöse) Bauwerke erschaffen, die bis heute Zeugnis davon geben, wie die Ägypter ihren steten Bezug zur Göttlichkeit und kosmischen Mystik ausdrückten. Großartige Tempel, riesige Säulenhallen, kolossale Statuen und prächtige Bauwerke erzählen davon.

Abb. rechts: Teil des Pylons vom Tempel Philae.
Geweiht war dieser Tempel der großen Göttin Isis. Der Tempel von Philae ist einer der drei besterhaltenen ptolemäischen Tempel neben Edfu und Dendera.


Ägyptische Tempel haben gar nichts mit christlichen Kirchen oder islamischen Moscheen gemeinsam. Ebensowenig wurde darin gebetet. Altägyptische Tempel waren Wohnungen der Götter (altägyptisch: hut netscher), die in ihrem Haus auf Erden gegenwärtig existierten, um von hier aus den Bestand der Schöpfung zu garantieren. Der Tempel symbolisierte deshalb verkleinert die Welt, die, aus dem Chaos entstanden, sich beständig gegen das Dunkle behaupten musste.

Altägyptische Tempel wurden immer aus Stein gebaut. Der Stein war für den Ägypter das Material der Unvergänglichkeit: Für die Ewigkeit bestimmt waren die Gräber und Tempel. Während die Wohnbauten – auch für den Pharao – nur aus Lehmziegeln bestanden.

Bildquelle: E. Kronlob

Vereinfacht ausgedrückt waren ägyptische Tempel "Behausungen / Wohnstätten göttlicher Mächte"

Altägyptisch: hut-netscher = "Haus des Gottes"

Abb. links: "Haus des Gottes" in Hieroglyphen


Ägyptische Tempel waren Abbilder oder auch symbolische Modelle des Kosmos und für den Fortgang der Welten-Lauf mitverantwortlich der vom König Ägyptens mitgarantiert wurde.
Eine immense Bedeutung für den Pharao und sein Volk hatten klassische ägyptische Tempel gewiss. Und neben unzähligen Tempelbediensteten, der riesigen Anzahl an Priestern sowie deren manchmal geheimnisvollen Rituale, wohnten schließlich – nach dem Glauben der Ägypter – Götter in diesen Tempeln auf Erden. Der ägyptische Tempel war sozusagen ein Abbild der Welt: die Decke bemalt mit Sternen, das Himmelsgewölbe, der Boden symbolisierte das Land "Kemet" aus der die Pflanzen aufspriesen, gekennzeichnet – vor allem ab dem Neuen Reich – duch die Stauden mit denen die Sockel und Wände geschmückt wurden, und übergehend in die Blütenstengel, symbolisiert durch die Säulen.
In den Tempeln wurde auch den Göttern geopfert, zahlreiche Opfersäle und Altäre – belegen dies; die Götter nahmen im Tempel die Opfergaben und Kulthandlungen entgegen welche der König veranlaßte und zuweilen gab. Innen wie außen waren ägyptische Tempel, vorzugsweise ab dem Neuen Reich mit Hieroglyphen und Symbolen übersät; festgehalten wurden damit z.B. bedeutende Ereignisse des Königs, Szenen aus der Mythologie, Götterdarstellungen, Feste, u.v.m.

  • Gottestempel ("Tempel des Götterkultes");
    altägyptisch = "Sitz / Haus des Gottes"
  • Totentempel (Grabtempel);
    altägyptisch = "Millionenjahrhäuser"


Ursprünge

Aus schlichten Urformen vor über 5000 Jahren, entwickelte sich allmählich der sakrale Monumentalbau der altägyptischen Kultur. Anfangs der frühdynastischen Epoche, also in der Frühzeit Ägyptens, erscheinen die "Tempel" noch wie eine Hütte. Ein stabiles Holzgerüst mit Matten bedeckt; die Hütte befand sich in einem Hof, manchmal war dieser Hütte offenbar ein Vorraum vorgelegt.

Frühzeit

Der älteste lokalisierte aber nicht mehr vorhandene Tempel, lag einst in Hierakonpolis, "Stadt des Falkengottes" (altägyptisch: Nechen, im Süden Ägyptens). Noch sichtbar sind heute allerdings die Pfahlfundamente, die einst die mächtigen Holzpfähle – mit bis zu 12 Metern Höhe – an der Vorderseite der "Hütte" trugen. Forschungen vor Ort belegen, dass diese früheste Tempelanlage aus einem Hof mit über 32 Metern in der Länge und etwa 13 Metern in der Breite bestand. Abgegrenzt war der Hof mit einem Schilfzaun. Mittendrin ein hoher Pfahl, welcher einst eine Flagge / Wimpel oder ein Totem trug. Der Eingang lag am Nordende des Hofes.
Auch in Abydos finden sich noch (Hof-)Anlagen, die aus der 0.–2. Dynastie (Frühzeit) stammen. Diese bestanden einst aus Ziegelmauern und bezeichnen Grabanlagen mit rituellem Charakter, die offensichtlich die frühesten Kultanlagen aus Holz und Schilf nachgeahmt haben.
Aus dem nördlichen Ägypten erschließen sich bislang keine so ergiebigen Beweise wie aus Hierakonpolis für Tempelanlagen ritueller-heiliger Art, aus frühdynastischer Zeit.


Abb. oben: Blick in die "Große Säulenhalle" des Isis-Tempels auf Philae;
dieser großartige Tempel stammt aus der Ptolemäer-Zeit (305–30 v.Chr.)
– Zeichnung: David Roberts, um 1839 –Kompositsäulen: Mischung aus verschiedenen Säulentypen, Kapitell: aus allen möglichen vegetabilischen Elementen


Tempel im Alten Reich

Totentempel, Sonnentempel, Provinztempel
Aus dem Alten Reich (ca. 2700–2160 v.Chr.) sind die Überreste einiger Totentempel (gelegen bei den Pyramiden) bekannt sowie die Sonnenheiligtümer (-tempel) der 5. Dynastie, insbesondere von König Ni-User-Re bei Abu Gurab. Weitere Tempel aus der Zeit des Alten Reichs sind die Provinztempel (Kulttempel), die einst aus Ziegel bestanden haben sollen, sind nicht mehr erhalten.
Zwei prägnante Bauten erscheinen im Alten Reich in der Weiterentwicklung altägyptischer Tempelanlagen – zum einen der sogenannte Taltempel, der an den Pyramidenkomplex angegliedert war und der sogenannte Totentempel, der ebenso wichtiger Bestandteil des Pyramidenkomplexes war: auf eine Eingangshalle folgte ein Hof mit Säulen. Im hinteren Bereich befand sich ein eingefriedetes Gebäude mit Schreinen oder Nischen für die Statuen des Königs sowie Vorratskammern und ein Allerheilgstes. Totentempel dienten dem Kult des toten Königs; und somit auch dem des Gottes, da der König nach seinem irdischen Tod sich in die Reihen seiner göttlichen Ahnen begab. Zum Beispiel ist der Totentempel des Chephren in relativ gutem Zustand erhalten geblieben.

Tempel im Mittleren Reich

Tempel aus der Zeit des Mittleren Reiches (ca. 2000 – 1780 v.Chr.) haben sich keine erhalten, lediglich Reste davon. Vor allem Provinztempel ließ der König einst bauen, von denen später zahlreiche zerstört oder neu errichtet worden waren. Relativ gut erhalten ist der kombinierte Totentempel und die Grabkammer Mentuhoteps bei Deir el-Bahari. Von König Sesostris I., der mehrere Tempel zur Zeit des Mittleren Reichs erbauen ließ, ist z.B. die sogenannte "Weiße Kapelle" in Karnak noch gut erhalten.
Der voll entwickelte Tempel mit symmetrischer Bauart sowie Eingliederung diverser Kultkammern neben dem Hauptheiligtum, findet sich schon in der Periode des Mittleren Reichs


Abb. oben: Der Millionenjahr-Tempel der Pharaonin Hatschepsut, erbaut im Neuen Reich. Teilbereich des 2. Vorhofes. (Foto: Peter Funk, Deir el-Bahari)


Tempel im Neuen Reich

Aus der Zeit des Neuen Reichs (ca. 1550–1070 v.Chr.) sind einige monumentale Tempelanlagen und -ruinen vor Zerstörung und Zerfall bislang verschont geblieben.
Der ägyptische Tempelbau erlebte in der Epoche des Neuen Reichs seinen Höhepunkt. Könige des Neuen Reichs ließen bestehende Anlagen erweitern oder begannen mit dem Bau neuer Tempel. Sogar Gottheiten, die bis dahin keinen eigenen offiziellen Kult erfuhren, widmete das Reich neue Tempel. Andere Gottheiten, die sich bereits etabliert hatten erfuhren Erneuerungen an deren Kultanlagen; insbesondere der Tempel des Amun-Re – einst bei Theben und heutiges Karnak. Gleichfalls der Tempel von Luxor, der unter Amenophis III. begonnen wurde.
Im Laufe der Zeit hatte sich eine Art Standardplan ägyptischen Tempelbaus etabliert, der variierte. Im Alten Reich und Mittleren Reich hatte sich dieser allmählich entwickelt, wurde aber erst im Neuen Reich zum Standard. Dieser Standardplan hielt sich bis in die griechisch-römische Zeit und bezieht sich auf den klassischen ägyptischen Tempel. Diese Standardform war wie folgt: ein Torgebäude (Pylon) führte als Zugang zu einem offenen Hof. Auf diesen Hof folgte eine Säulenhalle (Hypostyl) und schließlich das Allerheiligste (Sanktuar), das Kernstück eines jeden Tempels, welches immer zentral auf der Mittelachse lag und konnte beidseitig von schmäleren Räumen für die Beigötter umrahmt sein. Im Allerheiligsten, dem Innersten des Tempels, befand sich das Kultbild des Gottes, es stand in einem Naos (aus Holz oder Stein gebildet). Weitere heilige Symbole füllten den Raum, insbesondere die heilige Barke in der Barkenkapelle; mit dieser verließ die göttliche Kultstatue hin und wieder das Allerheiligste. Je näher dieser Raum rückte, desto niedriger waren die Decken und dunkler sowie enger wurde es. Das Allerheiligste, welchem ein Vorraum angegliedert war, lag sozusagen im Dunkeln.

Fassade

Abb. links: Pylon mit Flaggenmasten; vor dem Neuen Reich sind Pylone nicht belegt. Der Tempel in Karnak hatte einst sechs Pylone, welche verschiedene Herrscher erbauen ließen.

Die bedeutendsten Überreste von Tempeln aus der 3. Zwischenzeit (ca. 1070–700 v.Chr.) stammen aus den Delta-Städten: Tanis, Mendes, Sais und Bubastis. Trotz alledem sind wenige Anhaltspunkte für Tempel aus der 3. Zwischenzeit erhalten.

Abb. rechts: Grundriss eines Tempels aus dem Neuen Reich – hier der Horus-Tempel in Edfu.
Klassischer ägyptischer Tempelaufbau wie er ab dem Neuen Reich bis in spätere Perioden Standard war. Aufteilung wie folgt (beginnend in Grafik rechts/unten): Pylon, offener Innenhof, Säulenhallen und das Allerheiligste umgeben von mehreren Kapellen, die für weitere Gottheiten vorgesehen waren. Diese Form findet sich heute in den noch meisten erhalten Tempeln.

  • Hypostyl = Säulenhalle
  • Peristyl = Innenhof
  • Pylon = Torgebäude; Eingangstor
  • Sanktuar = Allerheiligstes
  • Kiosk = kleiner offener Tempel
  • Naos = Götterschrein

Edfu Tempel Aufriss


Spätzeit; Griechisch-Römische Zeit

In der Spätzeit (ca. 700–332 v.Chr.) beherrschten fremdländische Mächte Ägypten und diese errichteten oder erweiterten eine Reihe ägyptischer Tempel. Trotz alledem sind wenige Anhaltspunkte für Tempel aus der Spätzeit erhalten.
Die ptolemäischen Herrscher der griechischen Zeit in Ägypten, folgten der Tempelbauweise, die sich in der Vergangenheit durchgesetzt hatte und errichteten Tempel im ganzen Land; viele davon gehören heute zu den besterhaltenen Tempel Ägyptens überhaupt. In der römischen Zeit als Ägypten römische Provinz wurde, übernahmen auch die römischen Nachfolger ägyptische Vorbilder, was sich auch im Tempelbau bemerkbar machte. Diese neuen Herrscher vervollkommneten oder restaurierten Tempel Ägyptens und erbauten ebenso neue, die häufig alten Bauweisen folgten. Eines ihrer bedeutendsten noch stehenden Bauwerke ist der Kiosk des Trajan auf der Insel Philae.

Die letzten großen Tempel in griechisch-römischer Zeit entstanden in: Edfu, Philae (Abb. unten), Dendera, Esna und Kom Ombo.

Abb. oben: Säulen-Kolonnade im Tempel der Isis, Philae.
(Foto: Carmen Wolfram)


Das Ende ägyptischer Tempel, sei es in der Erbauung, sei es im rituellen Kult, war endgültig gekommen als das Christentum das Land Ägypten christianisierte; die heidnischen Tempel wurden fortan auf Befehl von römischen Kaisern (ab dem Jahre 383 n.Chr.) geschlossen und später auch von christlichen Mönchen zerstört. Ägyptische Tempel wurden gemieden und standen alsbald leer.

Als ab 639 n.Chr. der Islam Ägypten überrollte erging es den Tempeln nicht unbedingt besser; Moscheen wurden erbaut, sogar in ägyptischen Tempelanlagen. Heute sind die noch verbliebenen Tempelruinen vom Wüstensand, der sie im Laufe der Jahrhunderte zudeckte, wieder befreit und gehören zum Kulturerbe der Menschheitsgeschichte.

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