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Begräbnisritual
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Dank vieler Wandmalereien in Gräbern, weiß man wie sich die Begräbnisfeierlichkeiten im alten Ägypten abspielten. Nachdem der Leichnam einbalsamiert wurde die ganze Prozedur rund um die Mumifizierung dauerte gut 70 Tage begann das aufwändige Begräbnisritual nahe der Nekropole, bzw. der Grablege. Je nachdem ob eine königliche Mumie, ein Adliger oder eben eine Person, die es sich leisten konnte, bestattet wurde, gab es Unterschiede in der Größe und dem Aufwand der ganzen Begräbnisprozession. Die Armen mit ihren Mumien genossen sicherlich keine solche fulminanten Feierlichkeiten; diese begannen in dem Moment, in dem der fertig mumifizierte und für's Jenseits zurecht gemachte Körper in der Balsamierungshalle lag.
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Abb. oben: ein Sargschlittenzug auf dem Weg zum Grab.
Kalkstein, Saqqara(?), Ende 18. Dynastie. (Foto: Stefan Eggers)
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Bei den Königen der Pyramiden waren dies die angeschlossenen Totentempel westlich des Nils, die den Leichnam aufbahrten; dort wurde dieser auch einalsamiert. Und bei den Königen des Neuen Reiches fanden diese Prozeduren in Bezirken bei den Totentempeln, auch westlich des Nils statt im Westen lag das Totenreich, für die alten Ägypter: "Amentet". Nichtkönigliche Mumien wurden auch am Nil einbalsamiert, es gab dafür große Zelte, in denen die Einbalsamierer ihre Arbeiten verrichteten. Ein solches Zelt war zum Beispiel das sogenannte Wabet. Der mit Blumen bedeckte Sarg wurde alsdann auf eine Barke gestellt, in der auch die Verwandten des Verstorbenen Platz nahmen, die durch ihre Klagen die Gebete des Totenpriesters unterbrachen. Dieser bekleidet mit einem Leopardenfell, führte über der Mumie Räucherungen durch, indem er rezitierte.
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Andere Boote folgten mit weiteren Verwandten des Toten, seinen Freunden und den Dienern, die Blumen und Opfergaben trugen. Dies geschah sofern die Mumie nicht bereits auf der Westseite des Nils "wartete", wie es bei den Pharaonen der Fall war. Am anderen Nilufer angekommen, stellte man den Sarkophag auf einen Schlitten, der von Ochsen gezogen wurde. Vor und hinter dem Sarkophag nahmen zwei Klagefrauen ihren Platz ein, die rituelle Klagen ausriefen und so die Göttinnen Isis und Nephthys imitierten. Um den Sarkophag herum schritten die Totenpriester, die dem Verstorbenen räucherten (siehe auch Abbildung oben), wobei sie ihm zu Ehren Hymnen rezitierten.
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Schließlich kamen die Männer der Familie und die Freunde des Verstorbenen, die sich zum Zeichen der Trauer einen Bart hatten wachsen lassen, danach die Frauen, die den Zug mit ihren Klagerufen begleiteten.
Abb. links: Klagefrauen. Im Grab des Roy, Theben-West.
(Foto: Elvira Kronlob)
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Am Eingang des Grabes angekommen, fuhr man mit dem Mundöffnungsritual fort (Belebung der Mumie, damit deren Ka weiterhin im Körper "wohnen" konnte). Der Tote wurde dann mit den reichlichen Opfergaben in das Grab gebracht, und die Zeremonien endeten mit einem Leichenschmaus, welcher auf die Schließung der Grabtür folgte. Das Ritual endete demnach mit der Beisetzung der Mumie in der Grabkammer unter der Erde, die eigens für den Verstorbenen angefertigt wurde. Hier sollte die Mumie ins »Reich des Osiris« eingehen und ewigen Schutz finden sowie ein Weiterexistieren im Jenseits gewährleistet sein.
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Grabbeigaben (Bahre, Truhen, Stuhl, u.a.) die von Männern ins Grab getragen werden.
Details auf Wandmalerei im Grab des Ramose, 18. Dynastie, Neues Reich.
(Foto: Elke Bassler)
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Mundöffnungsritual (Belebung der Mumie):
Unter der Mundöffnung versteht man ein Ritual, das ursprünglich offenbar der letzten Fertigstellung und Belebung von Statuen galt, wobei der Ausdruck "Mundöffnung" (im Ritual auch verbunden mit "Augenöffnung") auf die Öffnung des nahrungsaufnehmenden Organs als ein Kennzeichen des Lebendigseins hinweist. Mundöffnungen führten die Ägypter an Statuen (noch unbelebte Objekte) und an Mumien durch, um diese zu beleben der spirituelle Geist konnte somit innewohnen. Dem Verstorbenen wird der "Mund geöffnet", damit er auch im Jenseits sprechen, essen und trinken konnte die Mumie wird "belebt".
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Dies geschieht mit einem sogenannten Dechsel (altägyptisch: Peschefkaf, Abbildung rechts), das Priester benutzten, während dieses rituellen wichtigen Vorgangs.
Abb. rechts: Dechsel. British Museum, Foto: Semling
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Der Nachfolger des verstorbenen Herrschers oder ein Priester vollzog das Mundöffnungsritual bei einer königlichen Bestattung. Ein frisch geschnittenes Vorderbein eines Kalbes wurde ebenfalls für diesen rituellen Ablauf verwendet, das Fleischstück sollte die Lebensodem gleichsam zurückgeben. Auch das Herz des Kalbes wurde entfernt und dem Toten mitgegeben. Nach der Mundöffnung legte man den Sarg mit der Mumie in das Grab zusammen mit magischen Amuletten und all den Dingen (Nahrung, Kleidung, Schmuck, Möbel, u.s.w.), die ein gutes jenseitiges Leben ermöglichten.
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Abb. links: Mundöffnungsritual.
Im Grab des königlichen Schreibers
Roy (TT 255),
19. Dynastie, Neues Reich.
Die trauernde Witwe knieend vor der für's Jenseits zurecht gemachten Mumie ihr verstorbener Gatte namens Roy. Hinter der Mumie steht Anubis, in seiner Funktion als Totengott.
(Foto: Elvira Kronlob)
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Im Delta variierte das Ritual in einigen Details: So wurde der Sarkophag von roten Ochsen gezogen (rot war die Farbe von Unterägypten). Männer, die muu genannt wurden, führten Totentänze auf. Das oft bei Bestattungszeremonien auf einem Schlitten mitgezogene in eine Tierhaut eingewickelte Wesen, das Tekenu genannt wird, scheint ein symbolisches Überbleibsel der prähistorischen Menschenopfer zu sein.
Natürlich waren die Bedingungen der Begräbnisse je nach Ort und sozialer Stellung des Verstorbenen unterschiedlich. Die ganz Armen wurden einfach in eine Matte eingewickelt und in ein Erdloch gelegt so ähnlich geschah es bereits in prädynastischer Zeit als die Technik des Einbalsamierens noch nicht bekannt war. Der Mumifizierungsprozess setzte durch natürliche Austrocknung ein.
In der Ptolemäerzeit (32530 v.Chr.) konnte es sogar vorkommen, dass die Familie die einbalsamierte Mumie wieder mit nach Hause nahm und dort aufbewahrte ohne ein Begräbnis durchzuführen.
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Wichtige Grabbeigabe Uschebti
Eine der wesentlichsten Grabbeigaben in einem ägyptischen Grab war das sogenannte Uschebti was soviel heißt wie: Antworter oder Antwortgeber. Es war eine Art magische Dienerstatuette, die man dem Toten mit ins Grab legte, und für den Fall dass der Verstorbene zur Arbeit gerufen wurde, statt seiner antwortete und die Arbeit verrichtete. Uschebtis waren auch Abbilder des Toten mit Namens-Inschriften. Es gab sie von kleinem Format bis hin zu Statuettengröße.
Abb. links: Beschrifteter Uschebti
British Museum, London (Foto: Anja Semling)
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Manche Verstorbene hatten Uschebti-Figürchen für jeden einzelnen Tag des Jahres (im Jenseits!). Uschebtis variierten in der Größe und Farbe, und sie konnten reich beschriftet sein mit magischen Sprüchen oder einfach inschriftenlos. Da die Ägypter sich kein Paradies wünschten in dem man sich genauso abmühte wie im Diesseits ist die Idee entstanden, das Grab mit magischen Dienern zu bevölkern, die den Verstorbenen in die andere Welt begleiteten und sich um alle mühsamen Arbeiten kümmerten: die Uschebti.
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Abb. oben: blau glasierte Uschebtis aus Fayence. Vom Hohepriester des Amun und seinen Familien-Angehörigen. Gefunden in Deir el Bahari. British Museum, London (Foto: Anja Semling)
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Totenopfer
Um in seinem "Weiterleben" nach dem Tode zu existieren, brauchte der Tote ebenso Nahrung wie die Lebenden. Er hatte die gleichen Bedürfnisse. Eine der vom Toten am meisten gefürchteten Dinge war der Mangel an Nahrung, so dass er seine Exkremente essen und seinen Urin trinken müsste. Höflinge des Königs kümmerten sich in früherer Zeit um die Nahrung im Jenseits. Diese Nahrung, bzw. Opfergaben, konnte das Ka (Lebenskraft / geistiger Doppelgänger) in immaterieller Form aufnehmen.
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Der ursprüngliche Ahnenkult wies dem Sohn des Königs die Pflicht zu, den Opferdienst, ohne den der Verstorbene nicht überleben konnte, zu versehen. Später sicherte man den Totenkult, indem man Totenpriester, die Gehalt bezogen, um den Opferdienst zu unterhalten.
Abb. links: Uschebtikasten. Darauf: die Verstorbene erhält im Jenseits von einer Baumgöttin Wasser zum trinken.
Copyright: British Museum, London.
Foto: Anja Semling
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Im Mittleren Reich ging man dazu über die für das jenseitige Leben notwendigen Güter auf die Grabwände zu malen. Um ihnen Realität zu verleihen fügte man ihnen magische Formeln hinzu, die sie wirksam machten. Der "imachu" war der Untertan des Königs, d.h. derjenige, der von ihm ernährt wurde. Es genügte, dass eine ähnliche Formel im Grab geschrieben stand oder von einem Lebenden über dem Grab aufgesagt wurde, damit der "Ka" die Nahrung finden konnte, die für sein Überleben notwendig war.
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