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Religion & Glaube > Götterwelt

Die altägyptische Götterwelt

Re war der erste König auf Erden und zog sich später in den Himmel zurück; Thot wurde von Re eingesetzt um die Zeit einzuteilen sowie Tag und Nacht zu erschaffen – nach dem ägyptischen Mythos von der Himmelskuh. Nachfolger von Re wurde später Osiris, und dessen Sohn Horus wurde sein Erbe. Jeder danach folgende König auf Erden war die Inkarnation dieses Horus'. Im alten Ägypten waren die Götter sterblich um kraft dem Tode mit der Wiedergeburt ein ewiges Dasein im Jenseits führen zu können, wo sie eine Erneuerung erfuhren um ewiglich zu existieren, bis sich die ganze Schöpfung wieder ins Nichts auflöst.

Mythos von der Himmelskuh, ein Auszug:

Nun geschah es, dass Re erstrahlte – der Gott, der von selbst entstand,
nachdem er das Königtum bekleidet hatte, als Menschen und Götter
(noch) vereint waren.
Da ersannen die Menschen Anschläge auf Re, denn Seine Majestät
war ja alt geworden
und seine Knochen waren Silber, seine Glieder waren Gold, sein Haar war echter Lapislazuli. (…)

Die alten Ägypter unterschieden zwischen drei Arten von Göttern und Göttinnen: Reichsgötter, lokale Götter, Hausgötter. Die mächtigsten aller Götter waren selbstverständlich die Reichsgötter oder Nationalgötter, wie zum Beispiel Osiris – Gott der Unterwelt, aber auch Herr des Lebens.

Erscheinungen der Götter:

  • anthropomorphe (menschengestaltige) Götter und Göttinnen.
  • Säugetiergottheiten: Rind, Löwe, Katze, Nilpferd, Widder, u.a.
  • Vogelgottheiten: Falke, Ibis, andere Vögel.
  • Reptiliengottheiten: Krokodil, Schlange.
  • Amphibien- und Fischgottheiten: Frosch, Fische.
  • Wirbellose und Insekten-Gottheiten: Käfer Skarabäus, Skorpion, Tausendfüßler, u.a.
  • Vergöttlichte Himmelskörper: Sonne, Mond.

Abb. oben: Göttertriade von Abydos, es sind die großen Götter Horus, Osiris und Isis. Die Göttin Isis wurde überall in ganz Ägypten verehrt, ihr Bruder und Gemahl Osiris war der unangefochtene Herrscher der unterirdischen Welt, nachdem ihn sein Bruder Seth getötet hatte. Horus, Sohn von Isis und Osiris, konnte somit das Erbe Osiris' antreten und herrschte über die irdische Welt.
Museum Louvre, Paris. Foto: John Bodsworth


Neben den Reichsgöttern hatte jede Region in Ägypten ihre eigenen lokalen Götter und Göttinnen, die sogenannten Ortsgötter. Diese Götter standen in enger Verbindung mit ihrer Umgebung. Beispielsweise wurde der Gott Sobek im Fayum verehrt. Einige Orte wurden als zentrale Kultstätte sehr bedeutend für ganz bestimmte Götter. So wurde zum Beispiel Hathor in den Städten Dendera und Theben verehrt. Desweiteren hatten ägyptische Familien ihre Hausgötter, wie beispielsweise der Gott Bes, dessen Statue sie in ihre Häuser stellten oder kleine Bes-Amulette trugen.

Als einer der ältesten und wesentlichsten Götter Ägyptens hat sich Horus im Verlaufe der Geschichte in alle Götterlehren und Kulte eingewoben. Anfangs war er ein Himmelsgott in der Gestalt eines Falken und somit gleichzeitig Herrscher des Himmels-Luftraumes.

Seine Augen waren Sonne und Mond und so ist er auch zum Sonnengott geworden, einer solaren Gottheit, und erschien als Re-Harachte (= »Re-Horus im Horizonte«) vorwiegend als lebendes Bild des Gottes Horus und damit seines irdischen Nachfolgers des Königs.
Horus wurde zum Königsgott von Hierakonpolis, der »Stadt des Falken«, der Residenz der ersten Herrscher über ein vereinigtes Ägypten. Seitdem war der falkengestaltige Horus der Gott der herrschenden Pharaonen. Von Horus leiteten sie künftig Abstammung, Macht und Würde ab und waren die irdische Inkarnation des Gottes.

Abb. links: Horus als "Sohn der Isis" genannt = Hor-Sa-Aset. Malerei im Grab 16, Ramses' I. (Bild: Elke Bassler)


Je nach Zeitepoche änderte sich bei einigen Göttern aber auch die Verehrung im Sinne von Lokal- oder Universalgottheit. Interessant und auch eigenartig ist nämlich die Feststellung, dass einige der in späteren Epochen sehr mächtigen Götter, die die altägyptische Götterwelt (für uns) schlechthin repräsentieren, während der Frühzeit weder in Namen noch in anderen Quellen irgendeine gewichtige Rolle spielen. So tritt Re, der große Sonnengott, der Staats- und Königsgott des hohen Alten Reiches, in der 1. Dynastie ebensowenig auf wie Amun, der Götterherr des Mittleren und Neuen Reiches, oder Osiris und Isis. Ihre Verehrung hat es aber damals gewiß schon gegeben, nur erstreckte sich ihre Bedeutung kaum über ihren Kultort hinaus. Man kann bei diesen Gottheiten tatsächlich eine stufenweise Entwicklung vom Lokalgott bis hin schließlich zur allgemeinen Verehrung im ganzen Land Ägypten feststellen. Einige Götter, beispielsweise Neith oder Ptah, treten uns seit jeher als Frühzeitgottheiten und nicht als lokale Gottheiten entgegen.

Wenn man nun nach den bedeutenden altägyptischen Gottheiten frägt, dann kann man anhand der Legenden, der Pyramidentexte, der verbliebenen Hieroglyphenschriften und der Königstitulatur feststellen, dass folgende Gottheiten zu den mächtigsten im altägyptischen Reich während verschiedener oder jedweder Zeitepochen zählten:

    männliche Gottheiten: Re, Seth, Osiris, Horus, Sokar, Chnum, Thot, Anubis, Amun-Re
    weibliche Gottheiten: Isis, Nephthys, Maat, Hathor, Sachmet, Neith, Nechbet & Uadjet
    androgyne Gottheiten: Atum, Hapi.

Die Königstitulatur (Horusname, Herrinnenname, Goldhorusname, Thronname, Eigenname) läßt auch darauf schließen mit welchen Gottheiten die Könige sich stark identifizierten und welche sie besonders verehrten. Alle Könige nannten sich ab der 4. Dynastie dann »Sohn der Sonne« (altägyptisch: = Sa Ra).

.Verschiedene Hieroglyphen-Schreibungen von "Gott"

Mast mit einer Flagge an der Spitze: gebräuchlichste Zeichen für "Gott"

Eine sitzende Gottheit: ein häufig verwendetes Zeichen, auf das man aus der Zeit des Alten Reiches stieß. Sitzende göttliche Figur, die weiblich oder männlich sein konnte.

Ein Falke, oft auf einer Standarte: auch ein altes Zeichen für die Schreibweise des Wortes "Gott".

Ein fünfzackiger Stern: sehr späte Schreibweise des Wortes "Gott". Erst in der Ptolemäischen Zeit anzutreffen.


"[…] dass Gott ein Wesen ist, dessen Gestalten niemand kennt […]"
So versuchten die alten Ägypter das übernatürliche, göttliche Wesen entweder durch eine äußerliche Erscheinung zu kennzeichnen, die wie der Mensch mit Tierkopf – auf Erden nicht existiert, oder durch verschiedene Gestalten, die so zahlreich waren wie die Aufgabenbereiche der jeweiligen Götter.

Im Grunde genommen standen sich niemals in Ägypten lokale Kulte und der Glaube an den, »der zu groß, um erforscht, zu mächtig, um bekannt zu sein«, gegenüber, sondern in den verschiedenen Göttern suchte der Ägypter die sich hinter ihnen allen wirkende, namenlose, unabhängige göttliche Macht, ein dem Nil-Tal eigener Monotheismus in der Form symbolisch polytheistischer Kulte.

Das ägyptische Pantheon umfasste eine sehr große Anzahl Götter und göttlicher Wesen – sie geht in die Hunderte. Namentlich bekannt sind uns heute über 1.500 Gottheiten. Man verehrte Naturerscheinungen wie Erde und Himmel, Sonne und Mond, doch auch abstrakte Begriffe wie Fruchtbarkeit, Endlosigkeit, Zauber oder Vernunft; daneben gab es, wie bereits oben erwähnt, Ortsgottheiten wie Chnum von Elephantine, Hathor von Dendera oder Horus von Edfu, und nicht zuletzt eine Reihe von schützenden oder auch gefährlichen dämonischen Wesen (niedere Gottheiten).

Exakt ist es den Ägyptern aber niemals gelungen, die Vielzahl ihrer Götter in ein festes System zu bringen und ihre Götterwelt konsequent zu ordnen. Zu mannigfach unterscheiden sich einzelne Wesenszüge einzelner Götter und können bei verschiedener Charakterisierung leicht dieser oder jener Gruppe von Gottheiten zugewiesen werden. Auch hatten die alten Ägypter für alle Bereiche und jede Lebenslage spezielle Götter.

Abb. rechts: Menschenförmige vergoldete Götter-Statuetten aus dem Grab des Tutanchamun; 18. Dynastie, Neues Reich. Ganz rechts der Gott Schu.
Kairo, Ägyptisches Museum. (Foto: Peter Funk)

Quelle: Peter Funk - dieses Bild ist urheberrechtlich geschützt


Manche Götter gingen auch Verbindungen oder gar Verschmelzungen zu anderen Göttern ein (Synkretismus). Es gab kein Pantheon, bei dem einem Gott jeweils eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben wird, wie wir dies bspl. aus dem antiken Griechenland kennen. Will man daher heute die komplexe altägyptische Götterwelt zumindest in Ansätzen verstehen, muss man sich von derartigen starren Vorstellungen trennen. Im Augenblick der Anbetung werden Wesenselemente von Göttern, die so zusammentreten, vorübergend eins; in anderen Zusammenhängen wiederum treten die gleichen Götter durchaus als zwei voneinander verschiedene Wesenheiten auf. Je nach Zeit oder den lokalen Gegebenheiten wurde der Gottheit bestimmte Eigenschaft oder die Verbindung zu anderen Göttern zugeschrieben.

Genauso vielfältig wie ihre Namen und Bezeichnungen sind auch die Gestalten und Funktionen der Götter. So besaßen die meisten Götter nicht nur einen Zuständigkeitsbereich, sondern gleich mehrere; entsprechend dieser Eigenschaften konnten sie auch unterschiedliche Gestalten annehmen.

Amun zum Beispiel zeigte sich meist in Menschengestalt – er trug eine Krone mit zwei hoch emporragenden Federn, doch trat er auch als Widder, als Mann mit Widderkopf, als Mann mit Krokodilskopf, als Löwe, als Stier, als Schlange und sogar als Gans auf. So konnte der Falke z.B. nicht nur eine Erscheinungsform des Sonnengottes Re sein, sondern auch eine des Mondgottes Chons oder der Götter Sokar, Horus, Harachte, Month, u.a.

Abb. oben: Die Kuh-Göttin Hathor genoß hohes Ansehen im alten Ägypten und war eine der bedeutendsten Gottheiten – (Bildquelle: Stefan Eggers)

Die vor allem für die heutige Denkweise verwirrende Vielfalt und Austauschbarkeit von Erscheinungsformen und Funktionen der altägyptischen Gottheiten fassten die Ägypter in den häufig verwendeten Beinamen »reich an Erscheinungsformen« oder »der Vielgestaltige« zusammen, die bezeichnenderweise vor allem die großen Götter wie Re, Amun, Ptah, Sobek oder Toth tragen konnten.

R. Wilkinson (Ägyptologe) meint:
»Die unterschiedlichen Gottheiten existierten nicht isoliert voneinander, sondern aufgrund ihrer besonderen Gestalt, ihres Charakters und ihrer Rollen sowie durch die mythologischen Gruppen, die sie bildeten, in einer dynamischen Wechselbeziehung«

Der Beginn des ägyptischen Pantheons

Die Entwicklung des ägyptischen Pantheons begann mit der Verehrung tiergestaltiger göttlicher Wesen. In der ägyptischen Vorzeit (4. Jahrtausend v.Chr.) Aus dieser Zeit stammen die Funde vieler Tierbestattungen. Auch die Schminkpaletten in Form von Tieren weisen darauf hin, dass bestimmte Tiere in dieser frühen Zeit kultisch verehrt wurden. In der Negade-II-Zeit kamen Fetische auf (Gegenstände, denen göttliche oder magische Kräfte zugesprochen werden) – die sogenannten Standarten-Tiere: Tiere und symbolhafte Gegenstände, die auf einer hölzernen Tragstange befestigt sind. Ungefähr auch in dieser Zeit kurz vor der 1. Reichseinigung tauchen auch mischgestaltige Götter neben diesen reinen Tiergottheiten auf. In der Frühzeit (Thinitenzeit) treten die ersten menschengestaltigen Gottheiten zu Tage, wie z.B. die Göttin Maat und Isis.


Das Wort »Gott« in ägyptischen Hieroglyphen

ntr (ntjr) = Gott, ägyptologische Aussprache: netscher
Altägyptische Aussprache etwa: nátschîr, (Femininum: nátscharat)

Mast mit einer Flagge an der Spitze: das gebräuchlichste Zeichen für Gott und sehr alt, seit der prädynastischen Zeit belegt. Ein Symbol göttlicher Gegenwart.

ntr = ein Gott
Hieroglyphe mit Deutzeichen "Gott"

ntr.t = eine Göttin
Hieroglyphe mit Deutzeichen "Göttin"

(o. Abb.)

ntr.w = Götter; ntr.j .= göttlich


Einer der wichtigsten Götter des alten Ägypten war Osiris

Osiris-Mythos in Kurzfassung: Dem Mythos nach soll Osris in frühester Zeit als menschlicher Herrscher gewirkt und für Landkultivierung und Zivilisation gesorgt haben sowie den Wein- und Getreideanbau eingeführt haben. Osiris heiratete seine Schwester Isis, durch deren magische Kräfte er später zum Herrscher der Unterwelt wurde. Sein Bruder Seth, Herr über die Wüste und fremden Länder, der auf Osiris' Beliebtheit neidisch war, lockte ihn in eine Kiste, die er dann in den Nil warf, und ertränkte Osiris. Isis fand später den Leichnam, ließ ihn aber unbewacht, so dass Seth ihn in viele Teile schneiden und über ganz Ägypten verteilen konnte. Isis suchte sie wieder zusammen und ließ sie von Anubis wie eine Mumie zusammenbinden. Isis nahm die Gestalt eines Falken an und schlug mit den Flügeln, wodurch sie Osiris wieder zum Leben erweckte und zeugte mit ihm Horus, der später seinen Vater rächte. Osiris aber wurde oberster Totengott im Jenseits – der "Beweis" (im Sinne der Legende), dass es ein Leben nach dem Tode gab. Jeder verstorbene »Pharao« im Alten Ägypten wurde zu einem Osiris.

Abb. oben: Osiris-Chontamenti (= "Erster der Westlichen") in seinem Grab.
Tal der Könige, KV 16, Ramses I. (Bild: Elke Bassler)


Zur Erinnerung an die zyklische Wiedergeburt pflegte der Ägypter in geschichtlicher Zeit durch die Ausbildung des Osiris-Mythos. Der Urform dieses Mythos entnimmt man, dass einst ein Gott im Wasser ertrank und zu neuem Leben erweckt wurde. Später erfuhr diese Vorstellung zahlreiche Umformungen, woraus sich schließlich die Idee entwickelte, dass der unterägyptische Fruchtbarkeitsgott Osiris sterben musste, um nach erfolgter Selbstzeugung mit neuer Kraft wieder aufzuerstehen. – Mehr über Osiris...

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